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Langsames Reisen in Marokko

Nach ein paar Tagen in Tanger verliessen wir die Hafenstadt im Norden und fuhren die Atlantikküste südwärts. Es zog uns, das Unterwegssein ist einfach genauso schön wie das Ankommen. Oder noch schöner? Wir fuhren vorüber an einsamen wilden Küstenstreifen mit einem rauen Atlantik, passierten kleine Fischerdörfer und standen einmal direkt an der Kasbah (Festung). Der Muezin und der hiesige Hahn wechselten sich fröhlich ab mit ihren Rufen… 😉 Es war spannend die Fischer am Morgen zu beobachten. Manche standen mit ihrer Angel mitten in der Brandung, andere fischten mit Harpune, andere lediglich mit der Hand.

Auf dem Land sind die Menschen sehr fröhlich, sie freuen sich und winken viel. Wir fuhren über kleine Landstrassen die mehr aus Schlaglöchern denn aus Teer bestanden… Ich quälte mich durch enge Märkte, teilte mir die Strasse mit Pferde- und Eselskarren, sowie mit streunenden Katzen und Hunden, mit Kindern, mit wilden Hühnern. Während ich Panik pur war, lachten die Marokkaner und versuchten zu helfen oder hoben ihre Daumen 🙂 

Wir erahnten Casablanca, Casa, wie es hier genannt wird, lange bevor wir es sahen: ein stinkende Moloch, grau und hässlich, und, stinkend 😉 Casa hat die höchste Moschee ausserhalb Mekkas, und diese ist wirklich beeindruckend. Ansonsten ist Casa relativ untouristisch, lediglich ein paar Amis sind zu finden, sie suchen die Bar aus dem gleichnamigen Film. Es gibt sie, aber sie wurde erst nachträglich gebaut, was die (leichtbekleideten weiblichen) Amis entweder nicht wissen (wollen) oder ignorieren. Ich besuchte die Bar auch, alleine, nahm ein paar Drinks am Bartresen. Sehr zur Verwunderung aller! Ich wurde viel angemacht und belästigt als ich alleine war. Was mich nicht verängstigt, sondern wütend und somit gefährlicher macht. (Leider?) musste ich dies aber nie unter Beweis stellen, und ich freute mich über ein paar Tage allein. Reto war zu der Zeit nämlich geschäftlich in der Schweiz und amüsierte sich prächtig bei den winterlichen Temperaturen ;). 

Auf den Bildern seht ihr unter anderem marokkanische Strand Körbe, die ein Nordsee-Feeling bei euch generieren werden :). Diese entdeckte ich zwischen den Massen von Marokkanern, die am liebsten Fussball am Strand spielen. 

Reto kam zurück aus der kalten Schweiz und wir fuhren weiter südlich die Küste entlang zu einem wunderschönen Fischerdorf mit Lagune. Die Fischer verkaufen dort fangfrische Austern, die sie dir am Strand aus ihrem Servier-Wagen heraus öffnen und mit Zitrone beträufeln. Köstlich! Dort aßen wir den ersten Seeigel unseres Lebens. Was soll ich sagen: er ist roh, wird mit dem Messer in zwei Hälften geschnitten und mit einem Löffel ausgekratzt! Reto fand das orangene Fleisch lecker – ich eher interessant :)… Dazu gab es ein Seegetier, von dem ich bisher lediglich die Schale kannte! Es ist länglich und puderorange und erinnert an ein Phallus-Symbol. Am Ende der kulinarischen Entdeckung gab es Austern mit Seeigel und dem Phallus-Getier obenauf. Mir wäre es dann eigentlich erstmal genug der Seeviecher gewesen, aber dann hatten wir danach doch noch eine riesige Schlachtplatte „de la mer“ mit Schnecken (wäh!!), reto einen Hummer und ich Seeteufel. Soll ja gesund sein. Ha! 

Weiter gings am nächsten Tag auf der Strasse entlang der Küste. Wir hatten bis anhin bereits mehrfach versucht wild am Strand zu campen, wurden jedoch immer weggeschickt. Wir wussten zwar, ist wildes Campen aufgrund der vielen Weiss-Toasts und der Morde an den Skandinavierinnen an der Küste mittlerweile nicht mehr gerne gesehen, aber stur wie wir halt sind 😉 versuchten wir es weiterhin unbeirrt. Am Ende waren wir aber so frustriert, dass sich unser nächster Übernachtungsplatz nun im Landesinneren befand, mit vielen wunderschönen Pfauen und schattenspendenden Arganbäumen. Wir hatten also die Küste bei Essaouira verlassen mit Richtung Marrakesch, das schneebedeckte Atlas-Gebirge im Blick. Wir fuhren einiges offroad auf Pisten, bis wir Marrekesch erreichten.

Da es in Städten noch schwieriger ist, wild zu campen, und wir mit unserem Mog einfach zu auffällig sind, begaben wir uns auf einen Camping. Hier trafen wir, zum ersten Mal, auf andere Expeditionsmobile: Steyr, Mercedes Lkws, Man Lkws sowie MAN Cats. Wir wuschen Wäsche und erkundeten Marrakesch, eine tolle, vibrierende, fremdländische Stadt, mit dem bekannten Gauklerplatz und engen, verwinkelten und vollen Souks (Märkten). Jeder will dir alles zu jedem Preis verkaufen. Cool! Es gibt Cobras und Berberaffen, Musiker und Geschichtenerzähler auf dem Platz, sowie jede Menge Glücksspiel wie auch Fress- und Trinkstände. Ich genoss die Stadt sehr. Zürich und Stuttgart lassen grüßen :). 

Nun aber, zum Ende, unser persönliches, berührendes Highlight :Ich fühlte es schon, irgendetwas, hatte  irgendwie eine Ahnung… Ich wanderte alleine über den Campingplatz und fand…. einen Welpen!! Der Welpe war schon bekannt, alle Camper kümmerten sich um ihn, aber er gehörte niemanden. Keine Hundemutter weit und breit. Die anderen Camper hatten den Welpen „Teddy“ genannt, da alle dachten, es wäre ein Männchen. Ich stellte reto den Welpen vor, und schon war es klar: wir nehmen ihn auf! Auf bei uns und mit auf Reise!! Schon die erste Nacht schlief er super im Mog und war stubenrein! Reto trug ihn trotzdem in der ersten Nacht alle paar Stunden raus, er pinkelte verschlafen mit geschlossenen Augen und schlief sofort weiter! Wir kauften zwei Hundebetten, Futter, Näpfe, und gingen zum Tierarzt. Hier die Überraschung: wir hatten ein zweimonate altes Hundemädchen gefunden – oder sie uns!! Sie wurde geimpft, entwurmt, entfloht. Sie wog gerade mal 2,5 kg und ist das reinste Wollknäul, liebt es zu entdecken, jagt gerne ihren eigenen Schwanz und ist einfach total unkompliziert! Ihr ging es bombe beim Tierarztbesuch, die erste Fahrt im Mog genoss sie schlafend 🙂 im fussraum! Toll. Reto geht nun immer morgens mit ihr und seinem Kaffee laufen, ich nachts. Wir jagen durchs Gras und versuchen Grashüpfer zu fangen :). Sie braucht viel Schlaf und schläft problemlos alleine im Mog. Nach dem Morgenspaziergang mit reto wärmt sie sich immer vor der Standheizung im mog auf :), das ist so süss, denn morgens ist es hier immer noch kalt. Das beste ist aber: wir haben ein deutsches Pärchen getroffen mit Hund und Allrad-VW-Bus (ich liebe VW-Busse seit meinen Ferien in der Kindheit im VW-Bus). Die Hunde lieben sich, deren Hund, Jago, passt immer auf Teddy auf. Wir lesen nun Welpen-Ratgeber und haben ein straffes Erziehungsprogramm! Sie fordert viel und will gefördert werden. Reto macht es super. Er erzieht sie und hat beide haben noch viel Spass dabei. Teddy liebt es, alles (alles!!) zu beissen und spielt ausgelassen. Mit Benny und Tanja und Jago werden wir nun eine Weile gemeinsam reisen. So können auch wir Menschen aufeinander aufpassen :).

Benny & Tanja sind schon seit über zwei Jahren auf Weltreise und haben erst kürzlich ihren Unimog verkauft- so fachsimpeln reto und Benny viel und sind zufrieden. Gestern ging zB die Wasserpumpe nicht mehr und der Keilriemen am Kompressor hat ein Problem, aber zu zweit konnten die Männer es richten. Wir freuen uns alle sehr auf das gemeinsame Reisen, am Wochenende geht es los, über den Atlas in die Wüste. Es wird hier von Tag zu Tag heisser. Und es bleibt spannend! Besonders gespannt bin ich auf das Dünenfahren – und, das erste Steckenbleiben ;)… 

Danke fürs Lesen meines Romans 🙂 und Grüsse an alle,
sandra 

PS. Das Luftleck am Mog von Tanger, aus dem letzten Blog, welches reto repariert hat, scheint zu heben. Alles gut! Auch der Kabelbrand in der Elektrik der hinteren Seilwinde hat reto wohl 😉 fachgerecht wieder instandgesetzt. Das einzigste Problem ist, dass unser Hubdach regelmässig (nachts) herab kommt, weil irgendwie die Luft fehlt. Das ist immer ein nächtlicher Schreck! Und nicht ungefährlich, ich liege hinten unter den Schränken ;)… Das mit dem Luftverlust des Hubdaches war aber schon vor dem Luftleck in Tanger der Fall. 

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