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Die Corona-Situation in Georgien – Bericht vom 24.03.2020

Ich hoffe, es geht euch allen gut und ihr seid alle gesund.

Es sind turbulente Zeiten auf dieser schönen Erde, mit neuen Schreckensmeldungen, die jeden Tag über uns hereinbrechen, ob wir dies wollen oder nicht, und daher wollte ich euch gerne bei euch allen melden, und euch erzählen, wie es uns in Georgien geht und wie wir die Situation erleben.

In Georgien hatte man lange nichts von Corona gespürt, hier war alles völlig entspannt und «normal».

Reto war ja den Februar über in der Schweiz gewesen für einen Beratungsauftrag, und Anfang März flog er zu mir nach Batumi (geplanter Weise für eine Woche), um dann Mitte März wieder zurück in die Schweiz zu fliegen. Der weitere Plan hätte vorgesehen, dass er daraufhin Ende März wieder nach Batumi zurückzukommen würde, wir wollten den Umbau weitermachen, und ab Anfang Mai weiterreisen.

Während reto mir also von der Situation in der Schweiz berichtete, welche vom Coronovirus fest im Griff war, war es hier in Georgien sehr beschaulich: das Leben spielte sich draussen ab, Strassencafes und Bars waren gut gefüllt und heiter.

Nun hatte reto aber schon Anfang März bei der Einreise das Problem, dass die Georgier ihn kaum einreisen lassen wollten, da er ja aus der Schweiz kam. Als sich nun die Nachrichten von gestrichenen Flügen und Einreisestopps usw. von überall auf der Welt häuften, beschloss er die Woche darauf, nicht wieder in die Schweiz zurück zu fliegen – zu gross war ihm das Risiko, Ende März nicht mehr zurückkommen zu können…

Ich fand dies übertrieben, habe mich natürlich gefreut, aber die Lage völlig falsch eingeschätzt, den reto hatte Recht. Gut ist er nicht geflogen. Ich weiss nicht, wann er wieder nach Georgien zu mir, den Viechern und dem mog hätte kommen können!

Das war Mitte März, und Corona war über die Welt hereingebrochen.

So ist er nun dageblieben und arbeitet von hier aus. Und tatsächlich war dies anscheinend der richtige Entscheid – schon zwei Tage, nachdem reto landete, liessen die Georgier keine Ausländer mehr einreisen, diese mussten in Quarantäne. Zu dieser Zeit konnten deutsche Freunde von uns gerade noch, mit einem Notfall-Flieger der Lufthansa, nach Deutschland zurückreisen.

Dann spitzte die Lage sich auch hier in Georgien die Lage zu, am 21. März erklärte die georgische Regierung den Ausnahmezustand, zunächst für einen Monat. Dies stellt eher eine vorbeugende Massnahme dar, da Georgien eine kleine Anzahl an Corona-Fällen hat (Stand heute sind es 67 Fälle). Wir beobachten die Zahl der Infizierten, sie steigt jeden Tag um ca. 5 – 6 Menschen. Es gibt bereits auch schon Gesundete.

Faktisch bedeutet dieser Ausnahmezustand in Georgien, dass Menschenansammlungen ab 10 Personen verboten sind, Restaurants, Bars, Läden sind geschlossen. Einzig Supermärkte, Apotheken und Tankstellen sind geöffnet.

Reto zeigte sich erneut vorausschauend: nachdem er immer alle Nachrichten verfolgt, beschloss er, in den grossen Baumarkt nach Tbilisi zu fahren und zu «hamstern» (das war vor der Verhängung des Ausnahmezustandes). Er blieb zwei Tage weg, und sollte erneut Recht behalten: denn ab 21. März schlossen die Baumärkte hier in Batumi ihre Pforten, geplant bis Ende April! Ein Desaster, hat man einen Umbau zu machen. Erneut schätzte reto die Lage richtig ein. Gerade als er im Baumarkt in Batumi das neue Brünneli für den «neuen» mog kaufte, schloss dieser die Türen aufgrund von Corona.

Er kam mit einem vollen mog voller Baumaterialien zurück. Drückt uns die Daumen, dass er nicht viel vergessen hat!

Während reto in Tbilisi war, ging ich in die Stadt, in Supermärkte, ich war gespannt und interessiert, welche Situation sich mir bieten würde. Tatsächlich waren die Supermärkte brechend voll, Salz, Mehl, Öl, Getreide, Nudeln, diese Dinge waren ausverkauft! In Panik verfiel ich nicht. Es ist ja logisch, dass wenn die Leute hamstern, die Regale, bis zum nächsten Auffüllen durch neue Lieferungen, leer sind, und dann erstt wieder gefüllt werden.

Reto hamsterte ebenfalls im grössten Supermarkt von Tbilisi, ich konnte hier im Haus einen Schrank füllen, wir sind nun also bestens gerüstet mit Nahrung und Baumaterial für den mog! 😊

Aktuell sind die Strassen in der Stadt wie ausgestorben, alles ist geschlossen. In den Supermärkten tragen die Angestellten nicht nur Masken, sondern diese Ganzkörperanzüge, mit Plastikhauben und Augenvisieren auf dem Kopf. Gespenstisch.

Hier in Batumi bzw. in unserer Nachbarschaft sind tatsächlich wenig Leute draussen, die Kinder, die schulfrei haben bis Ende April, sind in den Häusern (und winken mir durch die Fenster zu!). Aber die wenigen Nachbarn, die draussen sind, winken mir immer fröhlich zu und werden freundliche «hellos» zu uns. Wir fühlen uns also sicher, werden nicht angefeindet, und ich erwarte dies auch nicht, zumindest nicht hier in der Nachbarschaft.

Es geht aber auch anders:

Freunde von uns im Unimog konnten gestern Nacht noch Marokko verlassen, über Ceuta (spanische Enklave in Marokko) mit der Fähre nach Spanien, aber wohl stecken aktuell noch viele Wohnmobile und PKWs vor Ceute fest, Spanien möchte sie nicht nach Ceute einreisen lassen und macht die Grenzen zu, selbst für Europäer (https://www.sueddeutsche.de/panorama/coronavirus-ceuta-nordafrika-politik-spanien-politik-deutschland-1.4855169). Die beiden hatten Probleme in Marokko, sie durften nicht mehr frei umherreisen.

Ein anderer Freund von uns, gerade mit LKW in Argentinien, berichtet von kritischen Situationen, da die Argentinier Angst haben vor Ausländer und er angefeindet wird.

Beide Erzählungen der Freunde hatten gemeinsam, dass sie in den jeweiligen Ländern nicht mehr frei reisen dürfen, und auch hier in Georgien sind Strassensperren errichtet, man darf nicht mehr problemlos im Land reisen.

Und an einem Punkt unserer Planung (vielleicht später mal!) wollten reto und ich ja eine Afrika-Umquerung machen. Aktuell wären wir demnach irgendwo in Westafrika. Und ich glaube, da würden wir gerade wirklich nicht sein wollen…

Ich verfolge über Instagram auch eine Deutsche im LKW (ich hatte ihr Buch gelesen, welches sie über eine ähnliche Route geschrieben hat, wie wir sie jetzt vorhaben) und sie musste ihren LKW an der Elfenbeinküste stehen lassen, und ist nach Deutschland heimgekehrt. Die Heimreise war wohl ziemlich abenteuerlich. Ich drücke ihr die Daumen, dass der LKW sicher ist und alles gut ist!

Und auch uns mit unseren Reiseplänen trifft die Situation auf der Welt leider empfindlich:

Als nächstes wollten wir nach Armenien und Azerbaidschan (beides südlich von uns, westlich und östlich im Süden 😉), und auf den Iran haben wir uns ja schon sehr lange gefreut….

Nun, der Iran. Aktuell snd alle Grenzen zu, da der Iran stark vom Corona betroffen ist und schwer gebeutelt. «Wozu jedoch haben wir einen mog?!», dachten wir uns. «Genau! Für die Wüste, für entlegene Gebiete… sollte also die Apokalypse ausbrechen, hätten wir ja den mog als unseren sicheren Hafen….!»

Aber eben, die Grenzen sind aktuell zu, ein anderes Land würde uns aus dem Iran wohl kaum einreisen lassen…und wie frei man aktuell im Iran reisen dürfte, schaue ich mir andere Länder an, in denen Wohnmobilisten in «Quarantäne-Campings» gesteckt werden, ist auch fraglich…

Die Frage ist, wie lange die Corona-Krise noch anhält, wie sie die Welt und das Reisen verändert (in der nahen Zukunft). Und ich hoffe sehr, dass sich stark betroffene Länder wie Italien oder Iran schnell wieder erholen!

So beobachten wir die Situation und hoffen, dass sich alles soweit entspannt bis es soweit ist und wir weiterreisen können. Und, dass die Grenzen wieder offen sind. Dass wir überhaupt noch ein Visum erhalten und dann auch einreisen können.

Denn schliesslich, so meine Meinung, sind Grenzen, neben Kriegen, eines der unsinnigsten Dinge auf unserer Welt…

Ich denke übrigens, man sollte nicht nur europäische Medien konsumieren, in der heutigen Zeit (und ich meine nicht Corona im Speziellen, sondern ganz allgemein). Reto zum Beispiel macht dies sehr clever, wie ich finde: er liest immer verschiedene Zeitungen oder Berichterstattungen aus verschiedenen Ländern, zum Beispiel aus Georgien, Russland, China usw.. Dies gibt ein neues, differenzierteres Bild auf die Geschehnisse dieser Welt.

Und am Ende meines Berichtes wollte ich euch gerne noch schreiben, dass es auch schöne, positive Neuigkeiten rund um das Coronavirus gibt, juhui 😊

So habe ich gelesen, dass in Venedig wieder Fische und Schwäne und Delfine! in den Kanälen schwimmen, weil das Wasser wieder so sauber ist, und die Lärmbelästigung durch die Menschen bzw. Touristen nicht mehr vorhanden ist. Auch Wildschweine werden wieder gesichtet in Venedig (ob das so schön ist 😉?!):

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.coronavirus-in-italien-glasklares-wasser-in-venedigs-kanaelen-delfine-in-den-haefen.346d0e16-5bae-462b-86b0-9bb69fb0b2ff.html 

Und – Freigang und Freiheit auch für andere Lebewesen: im leeren, geschlossenen Aquarium in Chicago dürfen Pinguine frei herumwatscheln und die anderen Tiere im Aquarium besuchen! Denn sie haben endlich mal sturmfrei!! 😊 Und anscheinend sind sie dabei total vergnügt, ihr könnt euch das auf Videos anschauen, wie Wellington, Edward und Annie begeistert auf Erkundungstour sind, und dabei besonderes Augenmerk auf die tropischen Fische legen (die sie ja noch nie gekostet haben, es aber wohl gerne würden):

https://www.geo.de/natur/tierwelt/22746-rtkl-corona-chicago-keine-besucher-keine-regeln-pinguine-duerfen-frei-durch

Und zu unseren Reiseplänen: Gerade hat uns Russland unser 1-Jahres-Visum genehmigt, und das in Hochzeiten des Corona! – Danke, Russland ! – und das schreibe ich nun schon zum mindesten zweiten Male, in meinem Chat, wie ich bemerke 😊.

Und reto brüllt, vor lauter Freude, dazu einfach nur «Juhu» und strahlt glücklich. Toll, dieser Typ, mit seiner Leidenschaft und seiner Begeisterungsfähigkeit…. 😊

So hätten wir also einen Plan B, falls wir nicht südlich können. Dann würde es über den Norden raus aus Georgien gehen , nach Russland, und dann ostwärts (wenn die Grenzen zu Russland offen sind zu dem Zeitpunkt).

Wir schicken euch liebe Grüsse. Lasst es euch gutgehen und passt auf euch auf, bleibt gesund. Ich wünsche euch allen gute Gesundheit, und schaut nach denen, die ihr liebhabt.

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